Mit Umbau Dieselgetriebe für Benziner

Was eigentlich nur ein Tagesausflug nach München werden sollte endete an einer Aral-Tankstelle kurz vor München. Auf dem Programm standen drei Stationen an denen ich Teile oder Personen ablieferte/abholen wollte. Die Aral-Tanke war übrigens die letzte Station 😉

Groß angekündigt hat sich der Getriebeschaden nicht. Nach langer Autobahnfahrt im 5. Gang lies sich der erste Gang überhaupt nicht mehr einlegen. Zu diesem Zeitpunkt muss er sich schon komplett zerlegt und im Getriebe verteilt haben. Die Tage davor ging der 1. Gang ein- bis zweimal nicht richtig rein. Das hatte ich auf die herrschende Kälte und den kalten Motor geschoben. Auf jeden Fall verließ mich der 1. Gang schlussendlich komplett und suchte sich seinen Weg in die Freiheit – direkt durch die Getriebewand bei voller Fahrt. Übrigens erstaunlich wie weit man noch mit einem Loch im Getriebe kommt wenn man muss.

Das Ende vom Lied war gleich mal ein virtueller Hilfeschrei. ADAC konnte ich mir schenken, da die Reparatur in einer “Fachwerkstatt” in der Nähe an einem Samstag Abend irgendwo in Bayern für mich keine Option war. Reagiert hat Mik von forumvwbus. Er kam sofort 50 km mit seinem eigenen Bulli her um mir zu helfen. Nach kurzer Schadens-Begutachtung stand rasch fest dass er mich erst einmal zu sich nach Hause abschleppen würde. Dazu mussten aber erst die Antriebswellen ausgebaut werden. Diese Aktion dauerte ca. 3 Stunden, da der Großteil der Schrauben natürlich verrottet war und alles schön fest saß. Und das alles auf dem kalten Fußboden einer Tanke in der Dämmerung o_0

Am nächsten Sonntag Morgen quartierten wir uns in der Werkstatt seines Chefs ein und begannen mit der Demontage des Getriebes. Dabei müssen von oben erst einmal die 4 Schrauben mit der Verbindung zum Motorblock gelöst werden. Der Gaszug muss ebenfalls ausgehängt werden. An die obere Verbindungsschraube des Anlassers (rechts unter dem Gaszug) kommt man von oben sehr gut ran. Besitzt man eine Hydraulik kann man hier gleich eine der beiden Verschraubungen des Geberzylinders lösen (im Bild links oben das rostig erscheinende Stück zwischen den beiden Schläuchen mit der bereits entfernten Schraube). Die Konstruktion dieser Verschraubung ist übrigens extrem beknackt und die spätere Wieder-Verschraubung erfordert eine Menge Fingerspitzengefühl. Ich habe nach dem 2. mal die Schraube schlichtweg “umgedreht” und die Mutter oben angesetzt. Das erleichtert die Sache beim nächsten mal ein wenig.

Anschließend können von unten alle Steckverbindungen gelöst werden. Dazu gehört die Masseverbindung beim Getriebehalter und der Stecker für die Rückfahrscheinwerfer rechts oben. Auf dem Getriebe ist üblicherweise noch eine Klemme für Schläuche angebracht. Die Schläuche sollten ebenfalls gelöst werden. Nun können die restlichen zwei Muttern am Motorblock von unten gelöst sowie der Anlasser abgeschraubt werden. Vorsicht: Auf dem Anlasser liegt Dauerstrom! Unbedingt vorher die Batterie abklemmen!! Dann das Kupplungsgestänge (links) sowie den Kupplungsgeber(?) abschrauben und lösen. Das Gestänge bitte irgendwo festbinden und nicht herunterhängen lassen. Nun kommt der Getriebeheber (oder zwei kräftige Arme) zum Einsatz. Der Getriebehalter ist mit 4 Schrauben verschraubt. Nach dem lösen lässt sich das Getriebe leicht geneigt nach vorne abziehen. Vorsicht dass dabei nichts (insbesondere von der Auspuffanlage) abgerissen wird.

Da wir natürlich kein 5-Gang Benzinergetriebe “rum liegen” hatten, nahmen wir mit dem alten 4-Gang Dieselgetriebe (3H?) von Mike vorlieb. Hierzu musste ein wenig gebastelt werden. Die Vorgehensweise haben wir aus der Anleitung von Thomas Koch (Käfer & Co). Die Unterschiede sind vorwiegend bei der Getriebehalterung und bei der Glocke. Dabei sind die Verschraubungspunkte am Getriebe gleich – nicht jedoch die am Motor. Außerdem benötigt man die um einige Millimeter längere Eingangswelle aus dem Benzinergetriebe (Hier: ASL). Nach dem Motto aus zwei mach eins schrauben wir also Eingangswelle und die Glocke des ASL ab und tauschen die Teile am Dieselgetriebe aus. Dabei muss das Getriebe senkrecht gehalten werden, da sonst das ganze schöne Öl verloren gehen würde.

Hier sieht man sehr schön den berühmten “Igel” an der Getriebeglocke. Hierbei handelt es sich um feinste Metallspäne die natürlich entfernt werden sollten. Vorsicht: So ein Splitter in der Haut sorgt für viel Freude. Eine neue Papierdichtung hatten wir leider nicht parat – dafür jedoch passende Dichtmasse aus der Tube. Sollten alle Stricke reißen kann kurzfristig auch einfache Pappe von z.B. einer Cornflakes-Packung zweckentfremdet werden.

Die benötigte Eingangswelle aus dem kaputten ASL-Getriebe. Ganz unten befindet sich ein Klemmring. Zum Aus-/Einbau muss die Welle ein Stück herausgezogen werden. Näheres steht dazu in der Umbauanleitung. Anschließend alles wieder im Rückwärtsgang einbauen und dabei Teile wie das Ausrücklager und den Kugelkopf für das Schaltgestänge frisch einfetten und auf Gängigkeit prüfen.

Auch an der Aufhängung mussten wir ein wenig improvisieren. Das 3H hing im Gegensatz zum ASL zu hoch. Der Gaszug war nun eingeklemmt und wurde zu kurz um wieder eingehängt zu werden. Auch konnten die Antriebswellen so nicht richtig angeschraubt werden. Distanzbleche mit ca. 6cm Länge nach Augenmaß schafften die nötige Abhilfe. Anschließend muss das Schaltgestänge neu eingestellt werden. Das 4-Gang Getriebe lässt sich mit der 5-Gang Schaltkulisse bedienen doch muss das Gestänge (Stellschraube sitzt mittig unterm Bus – eventuell muss ein mittleres Bodenschutzblech entfernt werden) neu eingestellt werden. Anschließend sollte sich der 1. Gang auf der Kulisse im ehemaligen 2. Gang finden und so weiter und sofort.

Das war ein wirklich außergewöhnliches Wochenende kurz vor Weihnachten. Ich war ziemlich platt doch bin ich dann Sonntag Abend wieder daheim eingetrudelt. Langsam aber stetig. Mit noch nicht vollem Vertrauen in die Konstruktion fuhr ich mit Spitze 80km/h zurück nach Stuttgart. Höher als 100km/h sollte man sowieso nicht gehen, da der Benziner wesentlich höher drehen kann als ein Diesel. Die Gefahr dabei irgendwas zu zerlegen ist hoch (Tatsächlich habe ich mir die Kupplung halb zerlegt – aber das war mein eigener Fehler). Vor allem habe ich an diesem Wochenende einen wirklich tollen und super netten Menschen (eigentlich zwei – selten dass der/die Lebenspartner/in so viel Verständnis für ein versautes Wochenende zeigt) kennen gelernt. Ich wurde wie ein alter Freund aufgenommen, bewirtet und untergebracht obwohl mich Mik vorher nur über das Forum kannte (sprich: gelesen hat). Anschließend hat er mir großzügig sein Wissen, Leihteile und natürlich Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Geschraubt haben wir den ganzen Sonntag und damit war sein Adventswochenende ab Samstag Nachmittag schlichtweg gelaufen. Er weigerte sich sogar einen kleinen Obolus für seine Hilfe anzunehmen – obwohl heute eigentlich niemand mehr etwas zu verschenken hat. Seine großzügige Leihgabe hat mich sicher nach Hause und einen weiteren knappen Monat über die Straßen getragen bis ich ein neues Getriebe auftreiben konnte. Der Bus klang zwar bei 60 Sachen wie ein Pot-Racer in der Kurve aber lief wie eine Eins 🙂

Die widerfahrene Hilfsbereitschaft und Selbstaufopferung an diesem Wochenende hat mich wirklich tief beeindruckt und bestätigt mir einmal mehr: Bus-Freunde/-Schrauber sind einfach die Besten. Nachdem ich nun wieder ein eigenes Getriebe verbaut habe, kann ich auch wieder mit beruhigtem Gewissen Bulli fahren, da ich nun wieder meinen eigenen Kram abnutze 😉 Nun grüble ich nur noch über einen angemessenen Dank nach, wenn ich das Leihgetriebe wieder zurück an seinen Besitzer überführe. Ein großes Dankeschön geht an dieser Stelle auch noch an Charly und TM-Trans von den Busfreunden die mir beim Beschaffen und Reparieren eines neuen Getriebes eine große Hilfe waren. Vielen Dank auch an andere Foren-Teilnehmer die uns mit Tipps und Daumen drücken geholfen haben! 🙂

Schrauber-Bilder, die es leider nicht in den Artikel geschafft haben:

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